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Chaosprinzip: Wenn die Dinge nur ein klein wenig anders verlaufen. 2 (fm:Sonstige, 4648 Wörter) [2/3] alle Teile anzeigen

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Veröffentlicht: Jun 18 2020 Gesehen / Gelesen: 9935 / 7969 [80%] Bewertung Teil: 9.71 (103 Stimmen)
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© Grisu Dieser Text darf nur zum Eigengebrauch kopiert und nicht ohne die schriftliche Einwilligung des Autors anderweitig veröffentlicht werden. Zuwiderhandlungen ziehen strafrechtliche Verfolgung nach sich.

Klicken Sie hier für die ersten 75 Zeilen der Geschichte

In den nächsten Tagen folgte ich weiter meiner Routine, wobei sich langsam auch ein wenig Frust einstellte. Ich konnte partout meine Beine nicht belasten, sie klappten einfach zusammen wie ein Taschenmesser. Ich traf Selina jetzt regelmäßig am Teich und so nach und nach entwickelte sich doch so was wie Smaltalk. Ihr wisst schon: wie gehts dir, wie gehts mir, wie läuft es so? die schwierigen Themen blendete man einfach aus.

Irgendwann, nur um die Spannung raus zunehmen, fing ich an meine Geschichte zu erzählen. Sie hörte nur zu. Ich merkte das mir das auch selber half, mit anderen über meine Erlebnisse zu reden. als ich das Problem mit den Beinen erzählte, kam Bewegung in Selina. "Wann hast du immer die Reha" fragte sie "So gegen 10" "macht es dir was aus wenn ich dich dabei begleite?" "nein eigentlich nicht, nur warum willst du das tun?" "Weil ich mich immer noch schuldig fühle und dir helfen möchte wieder auf die Beine zu kommen." "Naja wir können es probieren, wenn es hilft warum nicht."

Tags drauf, ich war noch nicht ganz fertig mit umziehen, kam Selina rein, ich zog mir das T-shirt noch an und rutschte in den Rolli und warteten auf die Schwester die mich nach unten bringt. Unten im Physioraum ging wieder die gleiche Tortour los, Bewegungsmaschinen, dehnen, massieren und zum Schluss sollte ich nochmal versuchen die Beine zu belasten. Also auf zu dem Barren, mit den armen aufstützen und versuchen zu stehen. Nix, Null, Nada, nichts zu machen.

Da stellte sich Selina zum Barren und sagte "schau mich an und versuch es nochmal. Ich stützte mich auf die Arme und schaute ihr in die Augen, eine Weile, ich kann nicht sagen wie lange, passierte nichts, doch plötzlich war es so, als könnte ich Selina in die Seele schauen, genauso wie ich Erleichterung verspürte, sie könne das auch bei mir. Der ganze Raum verschwamm, die Umgebung, die Physiotherapeutin, nichts davon nahmen wir war, wir sahen uns nur in die Augen, ich bemerkte nicht das ich eine Hand zu ihrem Gesicht führte um sie zu streicheln.

Plötzlich sah ich Angst in ihren Augen und der Zauber war weg. Ich bemerkte noch das ein Teil der last auf meinen Beinen stand bevor ich zusammenbrach. Eigentlich war es mehr der Schreck als das ich mir wehgetan hatte. Es sah vermutlich auch schlimmer aus als es tatsächlich war. Doch Selina war ziemlich aufgelöst. Sie kam runter nahm mein Gesicht in beide Hände und fragte "hast du dir Wehgetan" Ich sah in ihre etwas glasigen Augen und lächelte. "Nein mir fehlt nichts. ganz ruhig, das tat nicht weh" Die Physiotherapeutin untersuchte mich kurz und meinte: "ja, der ist OK.

Aber ich hätte da eine Idee, wie wäre es wenn wir das morgen mal im Wasser probieren? Ich würde das aber vorher mit dem Arzt abklären. Na wie wärs, hast du eine Badehose dabei? "Bis Morgen bestimmt, nur was machen wir mit Selina? Könnte sie als "Motivationshilfe" dabei sein?" sagte ich und schaute dabei zu ihr, mit einem breiten Lachen auf dem Gesicht. Also wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen das sie leicht rot wurde. der Mundschutz verdeckt doch viel, da ist es schwer die Mimik abzulesen. "Na wenn es ihre Behandlung zulässt sehe ich da kein Problem, sie tut dir offensichtlich sehr gut, also warum nicht."

Nachmittags trafen wir uns wieder am See, wir fütterten die Enten und hatten eigentlich eine entspannte Zeit, bis ich es nicht mehr aushielt und sie fragte, " was ist das da zwischen uns? Jedes mal wenn ich dir in die Augen schau verschwindet die Umgebung um mich herum. wieso ist dein Blick so fesselnd ,das ich mich nicht mehr losreißen möchte oder kann? Selina Schaute mich an " Ich weiß es nicht aber ich spüre es auch. Ich kann mir das auch nicht erklären, vielleicht will uns das Schicksal ein Wink geben. Nur welchen das wüsste ich gern"

Ich wusste, ich muss mich ihm wirklich eines Tages Offenbaren, es führte kein weg dran vorbei, wenn ich das wieder gutmachen wollte was ich angerichtet habe.

Also begann ich zu erzählen. Ich war ca. 16Jahre, hatte gerade mein 1. Freund der mich nach einiger Zeit auch drängte, weiter zu gehen als nur Petting. Dieses Drängen hätte mir eigentlich eine Warnung sein müssen aber in der Jugend übersieht man halt oft die unangenehmen Sachen. Ich gab irgendwann seinem drängen nach und schlief mit ihm, nur kurze Zeit später bekam ich schmerzen in der Brust und ging damit zum Frauenarzt. Der untersuchte mich und machte eine Mammographie.

Das Ergebnis hatte ich 2 Tage später, Brustkrebs.

Als ich das meinem Freund sagte machte er zwar ein auf Betroffenen aber man konnte ihm förmlich ansehen, das er nur nach einer Möglichkeit suchte um schnell wegzukommen. die SMS, bekam ich dann 3 Tage später.

Was für ein Ars......, kann es mir noch nicht mal ins Gesicht sagen. aber im Moment hatte ich andere Probleme. Zuerst der versuch mit Chemotherapie der mich ziemlich mitgenommen hat und das während der Prüfungszeit, so das ich die 10. Klasse nochmal wiederholen durfte. Die Chemo brachte aber nicht den gewünschten Erfolg so das nur eine Amputation noch helfen konnte.

Jeder kann sich jetzt ausmalen was das für ein junges Mädchen bedeutete und auch was ich jetzt noch für Chancen bei den Männern hatte, galt ich doch jetzt als Freak. Nur weil meine Eltern ein Blumenladen betrieben, der zufällig genau gegenüber Sebastians Computerladen war, hatte ich noch die Möglichkeit ne Ausbildung zur Floristin abzuschließen. Weil ich mich in keiner Klasse ob Gymi oder Berufsschule mehr aufgenommen fühlte. Ich war die Ausgestoßene und machte mich nach der Ausbildung im Blumenladen nützlich.

Irgendwann wurde aus dem Laden gegenüber der Computerladen von Sebastian, ich kannte ihn noch aus der Schule, er war 2 Jahrgänge über mir. Viele Freundinnen hatte er nicht, so das ich mir schon heimlich Hoffnungen machte. Computernerds sagt man ja nach das sie trotz ihres Hobbys trotzdem Menschen bleiben, da sie eben auch die Schattenseiten des menschlichen Sozialverhaltens kennengelernt haben.

Leider wurde meine Hoffnung zu nichte gemacht als er eines Tages ne wirklich hübsche Freundin hatte, sie passte eigentlich gar nicht zu ihm. Er, der Nerd und Sie das hübsche IT-Girl.

Aber was solls, ich mit meinem Körper hatte eh keine Chance, also versuchte ich ihn wieder zu vergessen. Ich schaute zwar immer noch heimlich und auch neidisch hinterher wenn sie nach Haus kamen. Einige Jahre später, ich war im Laden wieder damit beschäftigt neue Blumengestecke, vornehmlich mit Gladiolen, meiner neuen Lieblingsblume zu binden, verlor ich plötzlich mein Bewusstsein. Ich wurde in der Notaufnahme wach und blickte in ratlose Gesichter. Die Ärzte konnten sich nicht erklären was da in mir vorgeht. Nach einigen Tagen im Krankenhaus und weil es mir wieder besser ging wurde ich entlassen.

Meinem Hausarzt ist es zu verdanken, das man später die Ursache raus gefunden hat, er schickte einige Blutproben an verschiedene Labore. Bei einem kam die Diagnose

"Leukämie",

in mir brach alles zusammen, wieso hab ich so ein Pech. Ich machte mich an dem Abend auf den Weg zur einzigen Brücke die hoch genug war. Ich lief die Straße entlang, achtete nicht mehr auf meine Umgebung, ich wollte nur noch zur Brücke und ..... ja was und .... erstmal dahin und dann weiter sehen. In mir schwebte der Gedanke "dem Leiden ein ENDE machen", da ich keinerlei Lichtblicke in meinem Leben hatte oder am Horizont zu erkennen waren.

Ich überquerte die Straße um zur Brücke zu gelangen, in dem Augenblick schoss ein Auto an mir vorüber. Ich hab mich so erschrocken das ich für einen Moment wieder in der Wirklichkeit war. Ich sah dem Auto noch hinterher und begriff das dem Fahrer gleich ziemliches Unglück geschied. Ich höre noch den Knall als er am Baum einschlug.

"Du wolltest doch nur deinem Leiden ein Ende machen aber nicht noch anderen welches zufügen" du musst das wieder gutmachen. Ich rannte zum Auto versuchte ihn raus zuziehen da ich unter dem Auto ein Lichtschein wahrnahm, Welches schnell größer wurde. Ich musste mich wirklich beeilen um ihn raus zu bekommen, ansonsten passiert noch weit schlimmeres.

Als ich ihn draußen hatte rief Ich den Notruf an. Jetzt erst, im Schein des Handylichtes erkannte ich Sebastian,

Scheiße scheiße scheiße du hast dem Menschen, in den du mal verknallt warst, Schaden zugefügt. ich konnte nicht mehr, ich hab nur noch geheult, bis die Rettung da war und mir etwas zur Beruhigung gegeben hat, der Hinweis der Polizistin eine Nacht im Krankenhaus zu bleiben, war überflüssig da sie mich mit der Leukämie sowieso nicht so schnell rauslassen würden.

Aber ich hatte mir etwas geschworen: Du musst das wieder grade biegen. Die erste Chemo verlief zwar gut aber man hatte noch kein geeigneten Knochenmarkspender gefunden, sodass ich immer unter Beobachtung stand wie sich die Leukämie in meinem Körper verhielt, das heißt ich verharrte in einer Schwebesituation. Keiner Wusste wie es sich weiter entwickelt.

Als ich mit meiner Geschichte fertig war, nahm Sebastian meine Hand und sagte. "Vielleicht gibt es doch ein Grund warum uns das Schicksal zusammengeführt hat"

Was er damit meinte wollte er nicht sagen. jedenfalls war ich froh das ich mir das endlich von der Seele reden konnte.

Erst jetzt, nach dem ich fertig war, wurde mir bewusst was ich da alles preis gegeben hatte. Ich hatte ihm erzählt, das ich mal in ihn verknallt war. Entweder hörte er so was öfters, weil er darauf nicht einging oder er redete mit Absicht nicht. Wie auch immer, ich hatte mich jetzt offenbart, nu ist er am Zug. Wir blieben noch eine Weile am Teich und sprachen über eher belanglose Dinge, bevor jeder wieder auf sein Zimmer ging.

Abends im Bett, dachte ich über das Gesagte nach, Selina dachte also das ich wegen ihr ausweichen musste und deswegen gegen den Baum knallte. Dabei bin ich doch durch die, Drogen bedingten Aussetzer ins Schleudern geraten. Ich musste ihr unbedingt nochmal versichern, das sie nicht Schuld ist. Und was hatte ich da noch gehört? Sie war in mich verknallt? und das noch bevor ich Belle kennengelernt hab. Und ich dachte immer, keine Frau nimmt mich war. Sie hatte so eine Art an sich, so ruhig und besonnen, manchmal ein wenig zaghaft, nicht so aufgekratzt und spontan, wie Belle. Das gefiel mir irgendwie.

Vielleicht konnte ich ihr ja ein wenig Lebensmut zurückgeben, die Idee mit der Knochenmarkspende kam mir schon beim zuhören, aber das wollte ich erst klären bevor ich da falsche Hoffnungen schürte. Tags drauf bei der Visite, fragte ich ob ich die Reha im Wasser machen konnte, da ich ja immer noch Narben auf dem Rücken hatte. "Ja das geht, die Narben sind soweit verheilt, das das keine Probleme mehr machen kann" "Könnten sie mir dann nochmal Blut abnehmen und schauen ob ich als Knochenmarkspender für Selina in Frage komme?"

Augenblicklich hob sich der Kopf der Ärztin und schaute mich fragend an. "Wir können sie testen, das ist kein Problem. Nur wenn sie in Frage kommen und sie wirklich spenden, geht das nur wenn wir bei ihnen die Schmerztherapie unterbrechen. das heißt sie werden so schon Schmerzen haben und die Entnahme wird auch sehr schmerzhaft für Sie. Wollen sie das wirklich" "Wenn ich Selina dadurch helfen kann, dann ja" "Ok, dann her mit dem Blut" sagte die Ärztin und holte ne Spritze. "Ich sag ihnen Bescheid wenn ich das Ergebnis hab."

Etwas später kam Selina wieder ins Zimmer, offensichtlich war es wieder Zeit für die Reha.Ich war aber noch nicht fertig. Ich musste mir noch ein T-shirt überziehen, welches diesmal etwas enger ausfiel, sodass ich leichte Schwierigkeiten hatte, es anzuziehen.

Selina wollte mir helfen, hielt aber meine Shirt oben, eine sonderbare Spannung machte sich breit, sie strich mit den Fingern langsam über die Narben am Rücken, sie sah sie ja jetzt auch das erste Mal. Es dauerte noch etwas, bis sie das Shirt am Rücken runter zog.

Sie hatte Tränen in den Augen, ich hielt ihre Hand fest und zog sie zu mir runter, nahm ihr Gesicht in die Hände wischte ihr die Tränen aus dem Gesicht und sagte ihr "Mach dir keine Gedanken, du bist nicht Schuld das mir das widerfahren ist." Und gab ihr kurz einen Kuss auf den Mundschutz. "Glaubst du mir das? Sie nickte langsam, so als müsste sie sich davon selbst überzeugen."Jetzt wird's aber zeit für die Reha" und zog sie zu mir auf den Schoss und rollerte los.

Draußen auf dem Flur stand Schwester Rita. "So war das aber nicht abgesprochen, Selina sollte dich runter bringen und nicht umgekehrt. Muss ich etwa doch ne Schwester mitschicken oder benehmt ihr euch? Wir wissen noch nicht genau, wie es um deine Beine bestellt ist." Widerwillig lies ich Selina aufstehen, konnte ich doch durch die Aktion ein Lächeln auf Selinas Gesicht zaubern, außerdem empfand ich ihre Nähe als sehr angenehm. Und eigentlich hatte sie ja Recht, meine Beine wollten noch so wie sie sollten und wenn ich ehrlich sein soll, das wusste aber keiner, hatte sich das Teil dazwischen auch noch nicht gemeldet.

Unten angekommen, warteten wieder die gewohnten Übungen auf mich, nur zum Schluss ging es nach Nebenan, wo das kleine Wasserbecken war. Nur mit Badehose und Schwimmflügel bewaffnet versuchte ich langsam ins Becken zu klettern, wo Selina schon auf mich wartete. Sie behielt ein Shirt über dem Badeanzug an, was ich seltsam fand. Aber als es nass wurde, wusste ich warum, sie schämte sich wohl wegen ihrer nicht vorhandenen Oberweite. Ich musste ein Paar Übungen im Wasser machen und später im Wasser stehen, was einigermaßen ging. "Das klappt doch schon ganz gut, je öfter wir das machen um so stärker werden auch deine Beine. Nu aber raus mit euch beiden. Auf mich wartet schon der nächste Patient. Kommt ihr alleine klar? Dann würde ich schon mal nach Nebenan gehen. Wenn was ist, ich bin ja in der Nähe"

Erst jetzt wurde mir bewusst das ich mich vor Selina umziehen musste und ihr wurde es wohl auch grad klar. "wir sind doch Erwachsen, das wird schon gehen" versuchte ich die Situation zu entschärfen und drehte mich um, das sie sich nicht beobachtet fühlte. Ich versuchte meine nasse Badehose auszuziehen, was aber nicht ging, sie klebte förmlich an mir. "Mist, geht nicht" schimpfte ich

"Warte, ich helf dir" Selina hatte sich inzwischen Shirt und die Träger des Badeanzugs ausgezogen und ein großes Handtuch um den Oberkörper gewickelt. Und versuchte nun ihrerseits die Badehose zu entfernen, dabei lockerte sich das Handtuch und fiel zu Boden. Ich konnte nur ein kurzen Blick drauf werfen, bevor Selina das Handtuch wieder oben hatte und mich erschrocken anblickte.

Ich nahm ihr Gesicht in die Hände und blickte sie an. "Ist es so schlimm für dich, das dich jemand so sieht" sie nickte kaum wahrnehmbar. "Tat es sehr weh" wieder ein Nicken "Gestattest du mir das ich es sehe?" Sie sah mich an und wieder hatten wir das Gefühl, man sah bis in die Seele des Anderen. Sie lies das Handtuch sinken und ich konnte die Narben eine Zeitlang betrachten.

Und mir wurde jetzt klar, welche verletzte Seele ich hier vor mir hatte. Diesmal sickerten mir langsam Tränen in die Augen, wegen des Augenblicks, des Vertrauens das mir Selina entgegenbrachte und, das wurde mir erst etwas später bewusst, das wohl der Moment war, wo ich mich in Selina verliebte.

Ich kann nicht sagen wie lange wir so hockten, als Sie ihrerseits mir die Tränen aus dem Gesicht wischte, ihren Mundschutz nach unten zog und mir ein innigen Kuss gab. Plötzlich kicherte sie los und meinte "na so bekommen wir die Badehose wohl erst recht nicht runter"

Ich schaute nach unten und musste mitlachen. Da hatte sich wohl ein alter Freund entschlossen aufzuwachen und bildete ein deutliches Zelt. In mir machte sich Erleichterung breit, wegen der unbegründeten Sorgen, die ich mir wegen ihm, machte und wegen der Ungezwungenheit, die zwischen uns beiden nun zu herrschen schien.

Trotzdem gelang es uns irgendwann uns umzuziehen. Es war mir auch überhaupt nicht mehr peinlich, Selina ihrerseits verzichtete auch auf das umständliche Handtuch. Wobei sie doch etwas länger auf besagten Freund blickte und seufzte.

"Weist du, das es schon sehr lange her ist, das ich so vertraut mit einem Mann umgegangen bin und ein Mann diese Reaktion bei mir zeigte"

"Ich kann dich verstehen und ich werde vorsichtig mit dir sein" Sie kam zu mir, gab mir nochmal ein Kuss und sagte "dann lass uns mal hochgehen, ich bin sicher Rita stoppt die Zeit wie lange wir weg sind" geht Sie doch das Risiko ein, uns Allein wegzulassen.

Oben angekommen winkte Schwester Rita nur durch die Glasscheibe und schaute wieder auf ihren Schreibkram. Im Zimmer, hing Selina noch meine nassen Sachen auf und half mir noch ins Bett. Wie immer nach der Reha brauchte ich erst mal Ruhe und als ich lag, merkte ich auch, wie fertig ich war. Selina ging zur Tür mit der Bemerkung "Wir sehen uns dann Nachmittag am See? Ok?" ich nickte. Sie zögerte kurz, kam aber zu mir ans Bett, gab mir noch ein innigen Kuss und verschwand dann.

Wer hätte gedacht, das sich das so entwickeln würde. Hoffentlich sind wir nicht zu leichtsinnig, da sie mich ohne Mundschutz küsste.

Nachmittag wollte ich runter zum See, als ich von der Ärztin kurz ins Schwesternzimmer gerufen wurde. Ich erwartete schon ein Anschiss, weil wir Allein zur Reha gefahren sind. "Ich hab ne gute und ne schlechte Nachricht für sie" "dann nehme ich zuerst die Schlechte" "Sie werden wieder Schmerzen haben und das nicht zu knapp. Und sie sind als Spender geeignet, sogar ziemlich gut mit 9 von 10 Merkmalen. Wollen sie das wirklich durchziehen?" "Ja will ich" "Wie sie wollen. Ich werde dann alles organisieren und mit dem Onkologen abstimmen und ihnen dann Bescheid geben."

Das ist doch mal ne gute Nachricht. Ich bin gespannt wie das Selina aufnimmt, kommt sie doch jetzt einer Heilung, ein gehörigen Stritt nach vorn. "Na, was dazwischen gekommen, du bist heut spät dran" scherzte sie, als sie mich sah. "Ja ich hatte grad ein Gespräch mit meiner Ärztin, Sie sagte, ich werde wieder Schmerzen haben und ich muss mich noch einem Eingriff unterziehen" "was ist los" Ihr Blick verfinsterte sich "Nein, nein nur keine Angst, mir wird nur Knochenmark entnommen, welches dir helfen wird"

Schlagartig leuchteten ihre Augen auf und sie fiel mir um den Hals, sodass wir fast mit dem Rolli umgefallen wären. "Du bist mein Spender?" "Ja und ich glaub das ist der Wink des Schicksals, der uns zusammenführte." Wir redeten noch eine Weile und es tat gut sie endlich lachen zu hören und zu sehen. Bis wir wieder rein mussten, diesmal brachte ich sie in ihr Zimmer, bevor ich auf meine Abteilung fuhr.

Abends kam die Ärztin noch kurz rein und sagte das morgen, nach der Reha, das Schmerzmittel abgesetzt wird und 2 Tage später die Entnahme sein soll. Aber wenn es gar nicht auszuhalten ist, müssen wir eben abbrechen und es später probieren. Frühmorgens bekam ich meine vorerst letzte Ration an Schmerzmittel. Ich hatte auch eigentlich nicht vor, Selina die genauen Umstände der Spende zu erklären. Ich freute mich nur auf die gemeinsame Zeit mit Ihr.

Die Reha verlief wie gewohnt, erst die Übungen an Land und dann im Wasser. Und wieder sagte die Physiotherapeutin, das nebenan der nächste Patient schon wartet, sie sei ja in der Nähe, wenn was ist, machte aber noch den Zusatz. "Nach euch kommt heute keiner mehr ins Wasser, ihr habt also Zeit aber bitte benehmt euch" Ich machte mit meinen Übungen weiter, wollte ich doch so schnell wie möglich wieder auf eigenen Beinen stehen. Das warme Wasser sorgte dafür, das sich die Muskeln gut entspannten und auch für Wohlbefinden.

Selina blieb in meiner Nähe, wir sahen einander wieder in die Augen und der Funke sprang über, sie nahm den Mundschutz ab und wir küssten uns sehr lange und drückten uns dabei aneinander. Sie konnte mein erwachten Freund sicher ganz genau fühlen und rieb sich an ihm, nur kurze Zeit später zitterte sie etwas und atmete sehr laut ein und aus. Also wenn ich es nicht besser wüsste, hatte sie grad ein Orgasmus. Meine eigene Erfüllung war mir egal, Hauptsache ihr ging es gut.

Sie drückte mich auf Armeslänge von ihr weg und versuchte Luft zu holen.

"wir wollten uns doch benehmen?" sagte ich eher schelmisch

"Entschuldige, das kam so überraschend für mich, du kannst dir nicht vorstellen, wie das für mich war. Ich hatte noch nie ein...." Sie hielt sich die Hand vor den Mund. Ich lächelte nur und zog sie zu mir, das sie meine Nähe spüren konnte. Ich wollte die Vertrautheit unbedingt bewahren und verhindern das ein Geheimnis oder durch falsche Scham entstandenes Vorurteil zwischen uns steht. Sie hielt sich an mir fest so wie ich mich an ihr festhielt. Und sie vollendete den Satz das sie noch nie ein Orgasmus hatte der von einem Mann verursacht wurde.

Einerseits erfüllte mich das schon mit Stolz, andererseits war ich mir auch bewusst das da wirklich nicht viel Mühe nötig war. Allerdings wurde mir wieder die Verantwortung bewusst,

eine Frau schenkt dir nur einmal dieses unbedingte Vertrauen und es bedarf nur eines Vergehens um es für immer zu zerstören. Welches du nie wieder reparieren kannst.

Sei dir dessen immer bewusst.

Im Nachhinein betrachtet haben aber grade die Erlebnisse mit Selina und Belle mich erst zu jenem Menschen gemacht der ich heute bin.

Das Enten füttern am Nachmittag verlief einigermaßen unaufgeregt, wobei ich langsam merkte, das die Schmerzmittel nachließen. Ich wurde schneller müde, eventuelle Gefühlsregungen seitens Selina, nahm ich nicht mehr richtig war. Mein Körper, der ja noch immer eine einzige Baustelle war, forderte langsam seine ganze Aufmerksamkeit.

Und die Nacht verlief doch eher Unruhig, weil ich immer wieder wach wurde. Grade so das ich noch den Weg runter zur Reha schaffte hielt ich es nur noch, wegen des verminderten Schweregefühls, im Wasser aus.

Selina machte sich echt Sorgen "Was ist mit dir, wieso hast du plötzlich solche Schmerzen?" bis ich ihr von der Abmachung mit der Ärztin erzählte. "Ich will nicht das du so leidest, bitte du musst dich nicht so plagen." Aber ich blieb stur, ich sah ihr in die Augen und sagte

"wir machen das jetzt gemeinsam, ich meinen Teil und du später deinen Teil und dann sehen wir, wo uns das Ganze gemeinsam hinführt."

Sie umarmte mich und drückte mich etwas zu fest ansich. "Du hast "Wir" gesagt? Meinst du so wie ich es grad verstanden hab? Wir beide zusammen?" Ich lächelte nur und nickte.

Sie gab mir ein sehr innigen Kuss. "Nie im Leben hätte ich gedacht, das ich doch noch ein Mann abkriege und dann auch noch Dich. Aber du hast Recht, ein Schritt nach dem Anderen und wir sehen Gemeinsam, was draus wird." Ich genoss noch eine Zeit das warme Wasser und die Zweisamkeit mit Selina.

Für den Weg auf mein Zimmer, brauchte ich eine Bett, der Rolli war zu schmerzhaft. Die Physiotherapeutin legte mir eine Kühlmatratze drunter, was das ganze erträglicher machte. Oben wurde wieder der Monitor angeschlossen und es wurde sogar Selina gestattet das sie in meinem Zimmer blieb.

Mittlerweile hat glaub ich jeder mitbekommen, was da zwischen uns lief. Der Rest des Tages und die Nacht verliefen sehr unruhig. Rita kam sehr oft rein und schaute nach dem Rechten und Selina wechselte öfters das kalte Tuch auf meiner Stirn. Ich konnte ihrem Gesicht ablesen das Sie mindestens genau so litt, geschlafen hat sie sicher nicht.

Am Morgen kam Rita rein und versuchte zu scherzen "Na wie war die 1.gemeinsame Nacht?" Ich streckte nur den Daumen nach oben und lächelte gequält.

Etwas Später ging es Gott sei dank recht schnell. Die Ärztin mit einer Handvoll Schwestern kamen rein, ein Paar Geräte wurde aufgebaut. Als alles fertig war fragte sie mich

"Bereit?"

Ich sah Selina an, drückte ihre Hand und nickte der Ärztin zu. Eine Schwester machte den Tropf auf und ich schlief entspannt ein, weil ich jetzt keine Schmerzen mehr hatte.

Fortsetzung folgt



Teil 2 von 3 Teilen.
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