Three Sides Of A Story (fm:Voyeurismus, 15713 Wörter) | ||
Autor: Michael Leibach | ||
Veröffentlicht: Aug 11 2023 | Gesehen / Gelesen: 7999 / 6453 [81%] | Bewertung Geschichte: 9.44 (45 Stimmen) |
Michael fotografiert gerne -- Bettina steht gerne Model Aber da ist noch Thomas, Bettinas Freund. In einem Hotel prallen Gegensätze aufeinander, aber auch viele Gemeinsamkeiten |
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Jedem bietet sich wohl zumindest einmal im Leben eine Gelegenheit, die man in ihrer Einzigartigkeit nicht verpassen darf.
Michael
Inzwischen habe ich es mir in einem der beiden breiten Sessel bequem gemacht. Mein Blick streift wiederholt durch das Zimmer. Ich habe alles so arrangiert, dass es, hoffentlich, passt. Die Decke des breiten Betts ist zurückgeschlagen, alle Lichter sind eingeschaltet. Auf dem Nachttisch stehen verschiedene Getränke. Leise Musik, gerade über der Hörschwelle, erfüllt den Raum. Ihre Musik.
Wie gewünscht habe ich ein Zimmer nach Westen bekommen. Die Nachmittagssonne scheint gleißend hell durch die Fenster, die schweren weißen Vorhänge machen daraus ein schönes diffuses Licht. Ich versuche meine Zweifel wegzuwischen, die immer wieder in mir aufkeimen. Hoffentlich habe ich den Mund nicht zu voll genommen.
Ich lehne mich zurück, versuche zu entspannen, meinen Atem zu beruhigen. Mit geschlossenen Augen schweifen meine Gedanken in die Vergangenheit, als ich Bettina kennenlernte:
"Du nimmst heute den neuen Azubi mit. Drittes Lehrjahr, will Frühauslerner machen, hat auch schon den Führerschein."
Natürlich war ich maßlos begeistert und brachte das auch genauso zum Ausdruck. Azubi, Frühauslerner, also einer jener Klugscheißer die ich so liebe. Jeden von denen habe ich erstmal gegen die Wand laufen lassen, quasi geerdet, und neu ausgerichtet. Ein allignment durchgeführt wie man bei uns sagt, quasi eine Justierung der Geisteshaltung.
"Muss das sein?"
Mir wurden immer die Neuen aufs Auge gedrückt wegen meinem scheiß Ausbilderschein! Den habe ich eigentlich nur für mich gemacht, besser gesagt für meinen Meisterbrief. Als Ausbilder, geschweige denn als Meister werde ich aber nicht bezahlt.
"Sitzt im Aufenthaltsraum, zisch ab!"
Im Aufenthaltsraum saß aber keiner den ich hätte mitnehmen können. EDV-Raum, Fehlanzeige, ich will schon zum Auto laufen, da höre ich ein Klappern aus der Küche.
"Ich bin gleich fertig, bin gleich bei Dir."
Bitte was?
Plötzlich stand sie vor mir, ein Kopf kleiner, zierliche, fast schon niedliche, Gestalt. Im Ernst? Ein Mädchen? Was soll ich denn mit der anfangen?
Die Fahrt verlief schweigend, Small Talk ist nicht mein Ding, ich weiß halt auch nie, was ich sagen soll.
"Hast du ein Problem mit mir? Oder redest du sonst auch nicht viel?" brach sie die Stille und das Eis zwischen uns.
Jeder hat wohl schon mal die Erfahrung gemacht einen Menschen zu treffen mit dem man sich auf Anhieb unterhält als ob man sich schon jahrelang, seit Kindesbeinen, seit Ewigkeiten, kennt.
Genauso war es bei uns. Wir passten zusammen wie Topf und Deckel, wie Gesicht und Arsch. Wir hatten uns nicht gesucht und trotzdem gefunden. Wir wurden mit der Zeit immer vertrauter, redeten mitunter auch über private Belange und schütteten uns auch mal das Herz aus. Abseits der Arbeit lud ich sie und ihren Freund auch mal nach Hause zum Essen ein, meine Frau hatte sie auch gleich ins Herz geschlossen. Ich half ihr beim Umzug ... wenn sie mir vorher erzählt hätte, dass es in den dritten Stock ging, hätte ich eine Ausrede gefunden. Ein gutes Jahr später gings dann in ein Erdgeschoß.
Bei den Umzügen lernte ich dann auch ihre alleinerziehende Mutter kennen ... aber das ist eine andere Geschichte.
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