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Rucksacktouren (fm:1 auf 1, 8156 Wörter)

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Veröffentlicht: Oct 18 2021 Gesehen / Gelesen: 17289 / 15016 [87%] Bewertung Geschichte: 9.45 (245 Stimmen)
Wandern gehört zu den liebsten Hobbies von Franz. Bei dieser Tour kommt es zur ungewöhnlichen Begegnung mit Scisci, die so garnicht seinem Weltbild entspricht.

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Liebe Leserinnen und Leser, diese Geschichte knüpft thematisch an den 'Waldspaziergängen' an, kann aber für sich allein gelesen werden. Ich freue mich nicht nur über faire Bewertungen, sondern auch über jeden Kommentar! Also keine Scheu!

Rucksacktouren

Ich hatte mir eine Woche Urlaub genommen und wollte wieder einmal ein paar Tage wandern gehen. In den letzten zwei Jahren hatte sich viel ereignet und ich brauchte mal wieder etwas Zeit für mich. Erst war da die Sache mit Moni gewesen, deren plötzlicher Tod mir noch nachging und Jenny und ich hatten uns noch immer nicht entschieden, ob wir nur beste Freunde sein wollten oder doch mehr. Also wollte ich ein paar Tage Ruhe haben, um ungestört zu sein und abschalten zu können. Ajax wurde von Jenny bestens versorgt, so dass ich ungebunden wandern gehen konnte.

Schnell hatte ich einen Wanderweg gefunden und auch die Unterkünfte gebucht. Jetzt um diese Jahreszeit - Ende September - war die Haupturlaubszeit vorbei und nur noch vereinzelt waren Wanderer unterwegs. Daher war es kein Problem Übernachtungsmöglichkeiten zu finden. Ich habe beim Wandern ein Fabel für Jugendherbergen und wenn die Strecke es zuließ, hatte ich vornehmlich dort gebucht. Für mich passt dass wunderbar zusammen. Die einfachste und elementarste Art der Fortbewegung und die schlichte Übernachtung in der Jugendherberge - ohne unnötigen Schnickschnack.

Es war der dritte Tag und wie meist, lief es besser als an den zwei ersten Tagen. Es dauert immer eine Weile, bis ich wieder eingelaufen bin und alles rund läuft. Ich war schon über fünf Stunden gut gelaunt unterwegs und noch sechs Kilometer lagen vor mir.

Schon seit einiger Zeit ging es einen schmalen Waldpfad ziemlich steil bergauf. Gerade als ich um eine Kehre bog, sah ich ungefähr siebzig Meter vor mir mitten auf dem Weg eine Person, die sich mit einem riesigen Rucksack den Pfad hinauf quälte. Je näher ich kam, umso mehr hörte ich die Person schluchzen. "Kann ich Ihnen helfen, ist Ihnen etwas passiert?" fragte ich auf die letzten Schritte. Als Antwort kam nur ein Schluchzen und Fluchen und die Person versuchte ihre Gurte vom Rucksack zu öffnen, um sich aufrichten zu können. "Warten Sie, ich helfe Ihnen." sagte ich und griff nach dem Rucksack, um den Druck von den Gurten zu nehmen und das Öffnen des Brustgurts zu erleichtern. Ich war erstaunt über das Gewicht. Es handelte sich um einen alten Militärrucksack ohne modernes Tragesystem. Als das Gurtschloss aufging, sackte und drehte sich die Person aus den Tragegurten. "Kommen Sie, ich helfe Ihnen." sagte ich und wollte nach ihrem Arm greifen. Doch als Antwort kam ein giftiges "Fass mich nicht an, Alter." Überrascht über die brüske Antwort hielt ich inne. Langsam stellte die Person sich auf. Jetzt konnte ich sehen, dass es sich tatsächlich um eine Frau handelte. Sie war ca. 1,75 groß und zwischen Ende zwanzig und Mitte dreißig. Ihre Figur war nicht besonders schlank, aber auch nicht dick. Sie machte eigentlich einen stämmigen Eindruck. Auffällig war auf den ersten Blick ihre Frisur. Die blau-schwarzen Haare waren an den Seiten völlig abrasiert und auf dem Kopf hatte sie einen Bürstenschnitt. In der linken Augenbraue, dem rechten Mundwinkel und unter der Nase hatte sie Piercings. Abgesehen davon hatte sie eine stattliche Sammlung an Ringen und Steckern in den Ohren. Ihre Kleidung bestand aus einer braun-schwarzen Cargohose, einem dunklen Sweatshirt mit Rippenmuster und unklarer Ursprungsfarbe und einem Batik-T-Shirt darunter. Die Schuhe waren von Dr. Martens. Ihr Gesicht war verheult und dreckig. Jetzt bückte sie sich wieder nach ihrem Rucksack und zog ihn mit großer Kraftanstrengung in eine stehende Position. Unschlüssig stand ich ca. drei Schritte von ihr entfernt und muss sie recht fassungslos angestarrt haben. Denn plötzlich sagte sie: "Was is Alter, noch nie jemand wandern gesehen?" Das war zuviel für mich und ich konnte es mir nicht verkneifen zynisch zu antworten: "Doch schon. Aber jemand wie Sie ist mir dabei noch nicht begegnet. Und wandern würde ich das nicht nennen." Es kam als Antwort nur ein "Leck mich, Alter."

Mit einem Ruck versuchte sie den Rucksack anzuheben und zu schultern, aber es war zu sehen, wie ihr die Kraft ausging und sie zu taumeln begann. Mit beiden Händen griff ich den Rucksack und es kostete mich alle Kraft, ihn zu stabilisieren und gehalten zu bekommen ohne selbst zu stolpern. Endlich hatte die Frau die Gurte über die Schultern gezogen und wurde sogleich von dem Gewicht in eine gebeugte Position nach vorn gedrückt. Jetzt kam ein kurzes, gepresstes "Danke, Alter".

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